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Zweites Kapitel

GRIECHENLAND IM INTERNATIONALEN IMPERIALISTISCHEN SYSTEM  

Die Europäische Union und die Position Griechenlands

 17. Die Entwicklungen seit dem Beginn der internationalen Krise in den Jahren 2008-2009 bestätigen, dass die EU und die Eurozone keine kohärente, stabile, dauerhafte Formation darstellen.

In den Jahren nach dem Ausbruch der internationalen Krise veränderte sich das Verhältnis zugunsten Deutschlands, sowohl in der EU als Ganzes, als auch in ihrem Führungskern.DieVergrößerung der Kluft zulasten Frankreichs und Italiens manifestiert sich zuerst in den reduzierten durchschnittlichen jährlichen Veränderungsraten des BIP pro Jahrzehnt und spiegelt sich in der Leistungsbilanz und in ihrer Haushaltslage wider.

Während des Jahrzehnts 2006- 2016 belief sich das durchschnittliche jährlicheBIP-Wachstum in der Eurozone auf 0,54%, d.h. es wies eine Stagnation auf. Die Überlegenheit Deutschlands drückt sich in seiner durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate aus,die 1,2% beträgt, während Italien 0,6% und Frankreich 0,7% aufweisen.

Eine Reihe von Faktoren, die bei der schwachen Erholung in der Eurozone eine Rolle spielten, wie beispielsweise ein deutlicher Rückgang der Kraftstoffpreise und die Abwertung desEuro, werden voraussichtlich an Bedeutung verlieren. Zur gleichen Zeit wird eine Reihe vonEntwicklungen (z.B.Brexit, Tendenz zur Verstärkung des Protektionismus, erhebliche Probleme bei großen europäischen Banken) die Aussichten und das Tempo des kapitalistischen Wachstums in der EU und in der Eurozone beeinflussen.

Die Europäische Kommission versucht den Erholungsprozess mit einer begrenzten Lockerung der Finanzpolitik zu unterstützen, während die Europäische Zentralbank ihrerseits Maßnahmeneiner relativen Lockerung der Geldpolitik durchführt. Gleichzeitig fördern alle EU-Institutionen, in Einklang mit den Regierungen der Mitgliedstaaten, Umstrukturierungen, umbillige Arbeitskräfte für die Unternehmensgruppen zu gewährleisten.

Der Politik der Europäischen Union kann es jedoch nicht gelingen, die Ungleichmäßigkeitinnerhalb der Eurozone zu mindern, die sich in der wachsenden Kluft zwischen denjenigenLändern zeigt, die stets Handelsüberschüsse aufweisen (Deutschland, Niederlande,usw.) und der Mehrheit der Staaten, die entsprechende Defizite verzeichnen. Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2015 der berühmte Vorschlag der fünf Präsidenten (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank, Europäischer Rat, Europäisches Parlamentund Eurogruppe) unterbreitet, um als Verhandlungsrahmen für die"Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion" zu fungieren. Kern dieses Vorschlagsist die Frage der Finanz- und Wirtschaftsunion, der Fiskalunionund der Vertiefung der politischen Union auf der Grundlage der bestehenden EU-Verträge.

 

18. Das Ergebnis des britischen Referendums und der Aufstieg des bürgerlichen Euroskeptizismus in Frankreich, Italien und anderen EU-Mitgliedsstaaten lassen Möglichkeitenfür die Verstärkung der Fliehkräfte, für neue Referenden und eine neue Schwächung der EUoffen.

Das Ergebnis des Brexit spiegelt zu einem gewissen Grad die allgemeine negative Haltungder britischen Bourgeoisie gegenüber dem Prozess der Vertiefung der WWU und der EUwider, ihre stetige Übereinstimmung mit den USA beim Konkurrenzkampf mit Deutschland, dasVorhandensein von Teilen des britischen und amerikanischen Kapitals, die den AustrittGroßbritanniens aus der EU wünschen und die Vereinnahmung der Unzufriedenheit inder Bevölkerung durch diebürgerliche Strömung des Euroskeptizismus. Zur gleichen Zeitkommen gewisse Regungen in Richtung Wiederholung des Referendums zumVorschein.

Allem Anschein nach wird die allgemeine RichtungderVerhandlungen auf den Erhalt der "engen Beziehung" zur EUgehen. Auch aus diesem Grund komplizieren sich die Zwickmühlen der bürgerlichenPolitik in Deutschland und in den anderen EU-Mitgliedsstaaten. Zunächst einmal bewegt sich die vorherrschende Linie der deutschen Bourgeoisie zwischen der Aufrechterhaltung des zwischenstaatlichen Charakters der EU-Beschlüsse und der praktischen Durchsetzung einer Europäischen Union mit mehrerenGeschwindigkeiten, einer EU der vielen konzentrischen Kreise und der Anwendung strikter haushaltspolitischer Regeln. Trotzdem befindet sich die deutsche Sozialdemokratie weitgehend im Einklang mit den Konzepten zur Vertiefung des europäischenEinigungsprozesses, die von Frankreich und Italien ausgehen.

 

Die Regierungen von Frankreich und Italien, wie auch die der anderen Länder des sogenannten "Club Med", der durch die Unterzeichnung der sogenannten "Erklärung vonAthen" gebildet wurde , wollen zum einen eine Lockerung der Haushaltspolitik, um die Instrumente, die sie bietet, besser zur Unterstützung der kapitalistischenRentabilität nutzen zu können. Zum anderen zielen sie auf die Vertiefung des Einigungsprozesses derEurozone (Gemeinsames Parlament, einheitlicher Staatshaushalt für die Eurozone, einheitliche Regierungsausübung, usw.), sodass Deutschland praktisch die Rolle des Garanten für die hochverschuldeten Mitgliedstaaten und dieproblematischen Großbanken in der EU übernimmt.Parallel dazu verstärkt sich in Frankreich und in Italien die euroskeptische Strömung derOpposition.

 

Einige Mitgliedstaaten, die enge Beziehungen zu den USA unterhalten, wie die Visegrád-Gruppe (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei), sowie Länder wie Schweden und Dänemark, fordern die Aufrechterhaltung des zwischenstaatlichen Charakters der EU und eineStärkung der Selbständigkeit der nationalen Politiken in verschiedenen Fragen (z.B. Einwanderungs- und Flüchtlingsfrage).

 

Die Kontroversen über das „Mischungsverhältnis“ bei der praktizierten Politik sind objektiv mit demKonflikt über die internationalen Allianzen der EU verbunden. Auch hier gibt es große Unterschiede, sowohl zwischen den Mitgliedstaaten, als auch in ihrem Innern, wie auch inHinblick auf die Beziehung der EU und der einzelnen Staaten zu den USA, Russland undChina.

In die Entwicklungen in der EU intervenieren auch die USA, indem sie Italien undFrankreich in der Frage der Lockerung der Haushaltspolitik, sowie die Visegrád-Gruppe und die nordischen Länder unterstützen.

 

Russland wiederum interveniert in die Konkurrenzkämpfe innerhalb der EU, indem es diejenigenpolitischen Kräfte und Staaten unterstützt, die sich gegen die Vertiefung des kapitalistischenEinigungsprozesses im Rahmen der EU stellen. Diese Haltung Russlands wurdedurch die Verschärfung seiner Beziehungen zurEU weiter verstärkt, alsFolgeder Bestrebungen der Ukraine um Anbindung an die EU, gegen die russischen Pläne, sie indie eurasische Wirtschaftsgemeinschaft zu integrieren. Russland stellt sich auch gegen die Pläne derEU zur schrittweisen Integration des westlichen Balkans. Die EU-Beitrittsverhandlungenmit Serbien und Montenegro haben bereits begonnen, obwohl die Lage instabil bleibt.

 

Erwähnenswert ist, dass diese Kontroversen in Bezug auf das „Mischungsverhältnis“ bei der praktizierten Politik in der EU vor dem Hintergrund der Entscheidung der G-20 über die Lockerung der Haushaltspolitik zugunsten der öffentlichen Investitionen erfolgt.

Die Beziehungen und Konkurrenzkämpfe innerhalb der EU werden in nächster Zeit durch eineReihe von politischen Entwicklungen, wie dem Ergebnis des jüngsten Verfassungsreferendums in Italien und den bevorstehenden Wahlen in Frankreich undDeutschland beeinflusst - und sich wahrscheinlich auch verschärfen.

 

19. Auf der Grundlage dieser objektiven Gegebenheiten passt die Bourgeoisie in Griechenlandihre wichtigsten Ziele an und priorisiert diejenigen, dendie Verhandlungen und die Wirtschaftspolitik der SYRIZA-ANEL-Regierung im Allgemeinen dienen müssen.

 

Die wichtigsten Prioritäten der Bourgeoisie in Griechenland sind:

 

a) Die Umschuldung der staatlichen Verbindlichkeiten und die Umstrukturierung der Bedingungen zur Bedienung der staatlichen Finanzierung aus dem Ausland, um den Weg der griechischen Wirtschaft aus der Phase der kapitalistischen Krise zu konsolidieren und zubeschleunigen.

 

b) Die Umsetzung von Großinvestitionen, die zum Aufstieg des Landes zu einemEnergie- und Warenverkehrsknotenpunkt in der weiteren Region beitragen werden.

 

c) Der Wiederaufbau der kapitalistischen Produktion mit der Förderung von Änderungenin der aktuellen Branchenstruktur der Wirtschaft, sodass die Exportorientierung und dieProduktion innovativer, wettbewerbsfähiger Produkte und Dienstleistungen gestärkt werden. In diesem Zusammenhang wird die Anlockung von Investitionen in folgenden Bereichen schwerpunktmäßig angestrebt: Kohlenwasserstoffgewinnung, Transportwesen, Logistikketten,erneuerbare Energiequellen, exportorientierter Agrar- und Lebensmittelkomplex, spezialisierter Tourismus. Es werden solche Branchen und Sektoren priorisiert, die, neben der Stärkung der Hochseeschifffahrt, als "neueLokomotive" für das kapitalistische Wachstum fungieren können.


d) Die Förderung der Umstrukturierungen zur Sicherstellung billiger Arbeitskräfte (z.B.bei der Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse, Sozialversicherungssystem) und der Eröffnung neuer Rentabilitätsfelder für dasKapital (z.B. Marktliberalisierung, Privatisierungen).


e) Die Modernisierung des Aufbaus, der Funktion und der Infrastruktur des bürgerlichenStaates, sodass er zu einer effektiveren Förderung der Ziele der herrschenden Klasse beiträgt (z.B. Verbesserung der Fähigkeit des Staates zur Steuererhebung durch die Schaffung eines elektronischen Vermögensregisters).

Für die kombinierte Förderung dieser Zielsetzungen ist die inländische bürgerliche Verhandlungsliniedurch folgende Merkmale gekennzeichnet:

 

• Sie schließt sich dem Druck Italiens und Frankreichs für eine relative Lockerung der Haushaltspolitik in der Eurozone an.
• Sie beteiligt sich aktiv an der Förderung der Pläne der USA und Israels in der Region.

• Sie entwickelt widersprüchliche Beziehungen von Konkurrenz und Kooperation mit der Türkei.

• Zur Realisierung von Investitionsprojekten im Bereich derEnergie- undWarentransporte in Richtung EU versucht sie, ihre bilateralen Beziehungen zu China, und in geringerem Umfang auch zu Russland zu vertiefen.